Faschismus

Fasces waren Rutenbündel mit einem eingebundenen Beil, Symbol der Amts- und Strafgewalt der römischen Magistrate und seit 1926 offizielles Staatssymbol des faschistischen Italien - hier auf einem Plakat für die Messe in Tripolis 1928.

Begriff

[italienisch zu fascio »Rutenbündel«] der, zunächst Eigenbezeichnung einer politischen Bewegung, die unter Führung von Benito Mussolini 1922-45 in Italien die beherrschende politische Macht war und ein diktatorisches Regierungssystem trug; später für alle extrem nationalistischen, nach dem Führerprinzip organisierten, antiliberalen und antimarxistischen Bewegungen, Ideologien oder Herrschaftssysteme, die seit dem Ersten Weltkrieg die parlamentarischen Demokratien abzulösen suchten.

(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2008

Der italienische Faschismus

Im Jahr 1919 gründeten in Mailand rund 200 radikale Nationalisten und Sozialrevolutionäre unter der Führung von Benito Mussolini die "fasci Italiani di combattimento" (Italienische Kampfbünde). [...] Die Enttäuschung vieler Italiener über den Ausgang des Weltkrieges und die unerfüllten Territorialwünsche vor allem in Dalmatien und auf die jugoslawische Stadt Fiume verschaffte den Faschisten Auftrieb. [...] Den "fasci" gab dieser Erfolg entschlossener Gewaltanwendung ungeheuren Auftrieb [...]. In noch stärkerem Maß als später die SA bestimmten sie - formiert als sogenannte "squadri" - das politische Klima Anfang der 20er Jahre. Allein von Januar bis Mai 1921 wurden mehr als 200 Menschen bei Überfällen der Faschisten getötet. Der Versuch Mussolinis, parlamentarische Mehrheiten zu erreichen, schlug dagegen fehl. [...] Als er im Oktober 1922 mit einem "Marsch auf Rom", also mit einem Putsch droht, beruft König Viktor Emanuele Mussolini zum Ministerpräsidenten in ein Minderheitenkabinett. Der Marsch auf Rom, den er anschließend inszeniert, dient nur noch der Propaganda. [...] Der italienische Faschismus, der bis zur Ermordung Mussolinis 1945 das Land bestimmen wird, kann jedoch nur allmählich seine Machtbasis ausbauen [...] Auch in der Partei ist der "Duce" (Führer) Mussolini nicht so uneingeschränkt anerkannt wie später Hitler. Erst 1925 gelingt es ihm, die sozialistische Partei und antifaschistische Organisationen zu verbieten. [...] Der italienische Faschismus schuf mit seine ausgeprägten Führerkult [...] das Modell für spätere faschistische Bewegungen. [...] Orientierungspunkt für den italienischen Faschismus blieb das Prestige und Vorbild des antiken römischen Weltreiches. Aus: www.shoa.de

Benito Mussolini

Benito Amilcare Andrea Mussolini kam am 29. 7. 1883 in Predappio, in den Bergen zwischen Florenz und Ravenna, als Sohn eines politisch links engagierten Schmiedes und einer kirchlich orientierten Lehrerin zur Welt. Er wurde Lehrer wie die Mutter und agitierte für die Sozialisten wie der Vater. Vor dem Militärdienst drückte sich der spätere Militarist  zunächst (wie Adolf Hitler).
Im Ersten Weltkrieg brach er mit der Sozialistischen Partei und gründete 1919 die faschistische Bewegung. Als Parteiführer trat er aus dem Schatten G. D'Annunzios heraus, der in den unmittelbaren Nachkriegsjahren die nationalistischen und antidemokratischen Kräfte in Italien gelenkt hatte. In der Symbolik des Faschismus und dem Mythos vom »Duce«, ein Titel, den sich Mussolini zugelegt hatte, fand die weit verbreitete Sehnsucht nach Autorität, Führertum und Gefolgschaft emotionalen Ausdruck. Im Wahlbündnis mit den Liberalen gelangte Mussolini 1921 an der Spitze von 21 faschistischen Abgeordneten ins Parlament. Diese erfolgreichen Bemühungen, im politisch-parlamentarischen Raum Fuß zu fassen, waren begleitet von antisozialistischen Gewaltakten faschistischer Terrorgruppen (»Squadre d'azione«) unter Führung eigenmächtiger lokaler Anführer in ganz Norditalien. Unter Hinwendung zur Monarchie und im Bündnis mit etablierten Kräften in Wirtschaft, Armee und Verwaltung errang Mussolini bis Oktober 1922 wesentliche innenpolitische Machtpositionen.
Marsch auf Rom, in der Mitte Mussolini
Unter dem Eindruck des faschistischen Marsches auf Rom ernannte König Viktor Emanuel III. am 31. 10. 1922 Mussolini zum Ministerpräsidenten. Unter Ausnutzung des Gegensatzes zwischen den radikalen Kräften, die auf eine durchgreifende Faschisierung von Staat und Gesellschaft drängten, und gemäßigten Faschisten sowie den bürgerlichen Partnern, die eine »Normalisierung« der innenpolitischen Verhältnisse erwarteten, baute Mussolini zielbewusst seine persönliche Machtstellung aus. So setzte er sich Ende 1922 an die Spitze des von ihm neu geschaffenen Gran Consiglio del Fascismo (Großer Faschistischer Rat), der seit 1928 als nominell höchstes Staatsinstitut fungierte. Unter dem Druck des radikalen Flügels der faschistischen Bewegung baute Mussolini bis 1929 eine Einparteiendiktatur auf: Die nicht faschistischen Parteien und Gewerkschaften wurden ausgeschaltet, persönliche politische Rechte beschnitten beziehungsweise beseitigt, die Verfolgung der Antifaschisten durch Polizei und Justiz neu institutionalisiert; die persönliche Vormachtstellung Mussolinis im Staat wurde ausgebaut ("Duce"). Im Gegensatz zum Machtanspruch Mussolinis fand seine Herrschaft aber dauerhafte Grenzen v. a. am König als Staatsoberhaupt und an daher weiter fungierenden nicht faschistischen Machtträgern in Militär und Verwaltung sowie an sozialen Einflusszonen der katholischen Kirche, der er 1929 in den Lateranverträgen autonome Organisationsmöglichkeiten in der italienischen Gesellschaft belassen hatte.

Seit Beginn der 1930er-Jahre, als Mussolini auf dem Höhepunkt seiner persönlichen Machtentfaltung stand, verfolgte er zunehmend eine imperialistische Außenpolitik, seit 1933 unter Ausnutzung der Gegensätze zwischen den beiden Westmächten und dem nationalsozialistischen Deutschland. 1935 ließ er italienische Truppen in Äthiopien einmarschieren, um die Grundlage einer italienischen Großmachtposition vom Mittelmeerraum bis Ostafrika zu schaffen. Unter dem Eindruck der Sanktionen des Völkerbundes gegen diesen Angriff näherte sich Mussolini dem nationalsozialistischen Deutschland. Hitler und Mussolini intervenierten im Spanischen Bürgerkrieg (Juli 1936 bis März 1939) zugunsten der aufständischen nationalspanischen Militärs. Im Oktober 1936 sprach Mussolini erstmals von einer Achse Berlin-Rom, versuchte aber noch einige Zeit, Italiens Schaukelpolitik als entscheidendes Gewicht in den europäischen Konflikten zwecks fernerer Gewinne weiter zu verfolgen. Im März 1938 musste Mussolini aber den »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich hinnehmen und seine Vermittlung in der Sudetenkrise (September 1938) bei Abschluss des Münchener Abkommens blieb für ihn nur ein kurzer persönlicher Propagandaerfolg. Seine Politik geriet seitdem immer stärker in die Nähe zum nationalsozialistischen Deutschland (teilweise Übernahme der nationalsozialistischen Rassengesetze). Die Absicht, in Parallelkriegen eine einigermaßen gleichrangige Position gegenüber Hitlers Deutschland zu behaupten, misslang spätestens mit dem gescheiterten Angriff auf Griechenland im Herbst 1940. Seither fungierte Mussolinis faschistisches Italien nur noch als »Juniorpartner« des Dritten Reiches.

In Verbindung mit den militärischen Misserfolgen führten innere Krisen zum Ende der Herrschaft Mussolinis. Im Juli 1943 wird Mussolini auf Veranlassung des Großen Faschistischen Rates vom König entlassen und verhaftet. Am 12. September befreiten ihn deutsche Fallschirmjäger und Mussolini regierte bis 1945 eine völlig von Nazi-Deutschland abhängige faschistische Republik im deutsch besetzten Teil Italiens. Kurz vor Kriegsende 1945 wurde Mussolini mit seiner Geliebten Clara Petacci auf der Flucht von italienischen Widerstandskämpfern gefangen genommen und erschossen.

Stark gekürzt und leicht verändert aus dem Brockhaus Multimedial, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2008

Mussolini und Hitler

Anfänglich war Mussolinis Beziehung gegenüber Adolf Hitler sehr kritisch, wegen dessen Rassentheorie.

1923 wollte Hitler wie sein Vorbild ein Jahr zuvor (Marsch auf Rom) einen Marsch auf Berlin starten, scheiterte aber jämmerlich.

1936 näherte sich Italien an das nationalsozialistische Deutschland an. Im gleichen Jahr gab Mussolini einen Bündnisvertrag mit Hitler bekannt. 1937 trat Italien aus dem Völkerbund aus und trat dem Antikomintern-Pakt zwischen Deutschen Reich und Japan bei.
1940 überfiel Mussolini Albanien und Griechenland, scheiterte aber wegen seiner Selbstüberschätzung. Die Italiener wurden von den Griechen zurückgedrängt, erst der deutsche Balkanfeldzug im April 1941 führte zum Erfolg für die Achsenmächte. In Afrika erlitten die Italiener eine weitere Niederlage durch die Briten. Bereits 1941 verlor Italien den Großteil seiner Kolonialgebiete. Dadurch wurde die Bindung zum Deutschen Reich immer enger. 1943 landeten die Alliierten in Sizilien. Mussolini wurde am 25.7.1943 abgesetzt und gefangen genommen. Nazi-Deutschland war auf den Seitenwechsel des Verbündeten vorbereitet und besetzte den noch nicht von den Briten und Amerikanern eroberten Teil Italiens, Mussolini wurde von deutschen Fallschirmjägern befreit. In Norditalien regierte er noch bis zu seiner Ermordung 1945, hatte aber keine Macht.

Mussolini war anfangs Hitlers großes Vorbild, wurde dann aber während des Krieges zum Juniorpartner, den sein Schüler mit in den Untergang riss.

Die Mussolini-Diktatur ist bis heute ein wunder Punkt im historischen und politischen Selbstverständnis Italiens - nach dem Krieg waren plötzlich alle Italiener Partisanen, für die Verbrechen waren die Nazis verantwortlich...